Es lesen:

Sarah Hofbauer
von Anfang an dabei. Muse, Femme Fatale......ALLES!
Sarah liest, wenn sie will. Don´t miss her!

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Christina Cervenka
Ist aufgewachsen auf einem Kärntner Bergbauernhof,  kam zum Studieren nach Graz (Schauspiel), und war unter anderem sogar Ensemble-Mitglied des Wiener Burgtheaters. Heute ist sie eher "beim Dreh" in München anzutreffen.
Hauptrolle in "Immerstill", ORF-Landkrimi Kärnten
Tini liest, wenn sie sich vom Film loseisen kann.

 

Ich (Markus Hell)
Der Notnagel, wenn sonst keiner kann, muss ich ran.
Dann muss ich "den Scheiss" selber lesen, sprich: "Autorenlesung"

www.thehell.at , achso, Sie sind ja eh schon da...

 
JERUSALEM BLUES "Valentin, ist es noch weit?" "Nein, nicht mehr weit. Siehst du die Berge da hinten? Ganz oben liegt Jerusalem." Unser Bus hatte die Ebene zurückgelassen, und einen langsamen, fast unmerklichen Aufstieg begonnen. "... und die vielen Auto-Wracks, was ist damit?" Die Straße war links und rechts gesäumt mit ausgebrannten Fahrzeugen. "...Überbleibsel aus dem '48er-Krieg..." Tatsächlich konnte man bei nähere Betrachtung alle Arten von Militärfahrzeugen in Tarnfarben erkennen. "...Panzer der jordanischen Armee." "Und warum räumen sie die nicht weg, warum lassen sie die liegen?" "Keine Ahnung ...als Warnung? Als Siegessymbol? Weil es ihnen wuascht ist? Ich weiß es nicht... " Vielleicht von allem ein bißchen, dachte ich mir. Jedenfalls boten diese Trümmer einen ziemlich verstörender Anblick. "Jerusalem liegt also im Gebirge?" "Nicht direkt 'im Gebirge', aber doch ziemlich hoch, ca 800 Meter über dem Meeresspiegel. Deshalb ist es in Jerusalem auch nicht so heiß, wie z. B. in Tel Aviv oder Haifa, ganz zu schweigen vom Toten Meer, das 400 Meter UNTER dem Meeresspiegel liegt..." 'Nicht so heiß', war natürlich relativ, wir hatten Hochsommer, und es herrschte eine ordentliche Hitze. Weiter ging es stetig bergan auf der Straße nach Jerusalem. Hin und wieder tauchte hinter Zypressen ein biblisch anmutendes Dorf auf, dazwischen neue Siedlungen, erbaut aus einheitlich weißem Stein, an Straßen die in konzentrischen Kreisen einen Hügel hinaufgezogen waren, vermutlich zu Verteidigungszwecken. "Und diese Ruinen?", fragte ich Valentin indem ich auf die halbverfallenen, offenbar unbewohnten steinernen Häuser zeigte, die hie und da in einer Senke zu sehen waren. "... Palästinenserdörfer...", sagte Vali. Ich hätte noch weitere Fragen an Vali gehabt, doch der hatte schon wieder diesen glasigen Blick, wie auf dem Schiff. Er murmelte irgendwas in seinen Bart hinein, vielleicht Bibelverse. Die Landschaft wurde nun felsiger, das Gelände immer steiler, sodaß die Straße nun in Serpentinen geführt werden musste. Es war verrückt, man fährt von Tel Aviv nach Jerusalem hinauf wie auf einen Pass! Noch eine Kehre, der Bus muss in den 2. Gang zurückschalten, noch eine Kehre, im 1.Gang, dann erblicke ich rechts weit ober mir ein paar festungsähnliche Bauten. "Ist das schon Jerusalem?", fragte ich Vali der jetzt ganz verklärt vor sich hinlächelte. "Noch nicht." Eine weitere Kehre, und mehr Häuser, alle aus dem gleichen weißen Stein, kommen ins Blickfeld. "Ist das jetzt Jerusalem?" Inzwischen verspürte ich ein leichtes Kribbeln. Seit Wochen und Monaten hatte Valentin von diesem Jerusalem geredet. Jetzt würde ich es endlich zu Gesicht bekommen. "Noch nicht. Erst wenn wir ganz über die Anhöhe gelangt sind, dann siehst du es." Inzwischen liefen eine Menge Leute neben der Straße entlang, manche auch quer über die Straße. Wirklich VIELE Menschen, in großen Gruppen, und ALLE in traditioneller jüdischer Kleidung. Mir fiel auf, daß fast jeder eine Brille trug, auch die Kinder. "Vali..." "... ja, das sind die Ultraorthodoxen... " "... warum rennen die alle so...? "... Schabbat... bald ist Sonnenuntergang... " "... aber das ist jetzt schon Jerusalem, oder?" "Ja, das ist Jerusalem. " Wir hatten die Anhöhe erreicht, und da lag, ausgebreitet auf einem leicht abfallendem Hochplateau, gelborange leuchtend in der Abendsonne: Jerusalem. Ein Häusermeer, viel größer als ich es mir vorgestellt hatte, und ganz weit hinten eine goldene Kuppel... Moment mal. STOP, sagen Sie? Wer oder was sind diese Ultraorthodoxen? Von welchem Schiff war hier die Rede? Was war der '48er Krieg? Wieso fahren wir überhaupt nach Jerusalem? Und WER, bitte, ist dieser Valentin?! Klar. Sorry. Woher sollen Sie das alles wissen. Also, zurück an den Start.
 
 
PARTIZAN BELGRAD   Ich habe erst jetzt, am dritten Tag meines zweiten Belgrad-Aufenthalts, den ganzen "südlichen" Stadtteil entdeckt, der das eigentliche moderne Zentrum bildet. "Südlich" deshalb unter Anführungszeichen, weil ich längst die Orientierung verloren habe, bzw sie von Anfang an nicht hatte. Dieses ganze Belgrad steht so schief und unlogisch in der Landschaft, zwischen, neben, vor und hinter den Flüssen Sava und Dunaj, die auch nicht gerade daherfliessen, wie es sich gehört. An der Stelle, wo die Save in die Donau mündet, hat sich ein dritter Flussarm gebildet, von dem nicht einmal die Einheimischen genau wissen, was es ist. "Sava or Danube?" hab ich einen Belgrader gefragt, vom Kalamagdan, dem Burgberg hinunter zeigend. "I don't know" war die Antwort. Aber so ist er, der Balkan, keine Disziplin, alles nur so irgendwie und improvisiert und ein bißchen verrückt. Rausgekommen ist halt diese geile Stadt. Zwischen den Flüssen hat sich eine dreieckige, dicht bewaldete Insel gebildet, die nur von wilden Hausschweinen bewohnt wird. Es heißt, diese Schweine seien nicht ganz normal. Durch die Abgeschiedenheit sind sie komisch geworden. Aber schmecken tun sie ausgezeichnet, angeblich. Ich bin mir also nicht sicher, ob ich mit dem 41er Trolley-Bus zum Partizan Stadion jetzt in südlicher, südöstlicher, südwestlicher oder eher östlicher Richtung unterwegs bin, wir fahren kreuz und krumm herum, rauf und runter, hügelauf, hügelab, um die Kurve, durch eine Senke, an durchlöcherten Wohnblöcken vorbei, am Justizministerium, am Verteidigungsministerium, vorbei am imposanten Hauptpostamt, an den Botschaften von Mexiko, Kanada, Deutschland, immerhin, Serbien ist zwar ein Paria-Staat, aber a bissl was geht immer. Aus kann er ja nicht, der Trolley-Bus, weil er oben angehenkt ist, ja, ja, weiß schon, Rechtschreibung, aber ich schreibe das absichtlich falsch, angehenkt gefällt mir mit k einfach besser als mit g und ä. Nicht zu beschreiben ist der Architektur-Mix an dieser Strecke. Deshalb lasse ich es auch. Nur einzig erwähnen möchte ich das auffällige 5stöckige braun-gelb-graue Gebäude an der Ecke zum Despota Stefan Boulevard, "Radio Beograd" steht drauf, ca. 100 Jahre alt, Bauhaus, behaupte ich mal, als Architektur-Laie bitteschön, sicher bin ich mir da nicht, jedenfalls fühle ich mich erinnert an Tel Aviv und an New York City, an dieses weltberühmte Broadcasting-Dings, sie wissen schon was ich meine, genau, die "Radio City Music Hall", Art Deco heißt das richtig, sehen Sie, jetzt fällts mir ein, nur hier in Belgrad ohne Leuchtschrift, wie in einem Film Noir der 30er, 40er, gleich biegt Lauren Bacall um die Ecke, und tatsächlich, da ist sie, nee, nur eine der unzähligen wunderhübschen Belgraderinnen, die an ihrer eigenen Schönheit und Eleganz fast ein bißchen zu leiden scheinen, weil sie spüren, das ist die reinste Verschwendung, ich bin eine Göttin, schau mich an bitte, eine Diva, ich könnte ein Filmstar sein mit meinem Look, meinem Gang, meiner Figur (Body sagt man heute, but that's not exactly the same, right?), so denkt Sie, aber kein Humphrey Bogart weit und breit, kein Robert Mitchum oder Glenn Ford, nur schon wieder so ein Vladimir oder Boris, aber das ist eben mein Schicksal, und langsam verblühe ich, und dieser leidende Zug um den Mund macht sie noch eleganter, noch schärfer, unnahbarer, weil kurz vor dem Erblühen am Schönsten, das alles hat eine dermaßene Tragik, daß mir fast die Tränen in die Augen steigen, von meiner eigenen Ergriffenheit. Womöglich existiert diese Tragik aber nur in meiner Fantasie, weil ich immer alles dramatisiere und zuviel träume, also Schluss, von wegen unnahbar, das werden wir ja sehen, morgen geh ich RAN, VOLLGAS, Droit au But, wie sie in Marseille sagen, direkt aufs Tor, nix mehr scheißen, sondern zielstrebig, kompromißlos, ja rücksichtslos, ruthless wie Sir Alex Ferguson, die schottische Trainer-Legende, die mit Manchester United Titel an Titel an Titel gereiht hat, so werde ich Hasen an Hasen an Hasen reihen, Droit au But, mesdames et messieurs, wie bei Olympique Marseille, ab morgen. Aber jetzt fahr ich einmal zu PARTIZAN, Oida. PARTIZAN, das ist nicht irgendein Club. Weil PARTIZAN wurde gegründet 1944, Hawi. Von den Partisanen, die gerade die Deutsche Wehrmacht gefickt haben, verstehste? Also ECHTE Partisanen. Und Partisanen waren auch die ersten Spieler. Der Rest ist Geschichte. Bitte selber googeln. Neben Roter Stern Belgrad ist PARTIZAN der wichtigste Club Serbiens, und war davor, neben Hajduk Split und Dinamo Zagreb auch mit der erfolgreicheste Fußballverein Jugoslawiens (ja, die Kroaten können auch kicken, das hatten wir ja schon). Also ich endlich da, raus aus dem Bus, sehe einen alten Mann am Stock, Ich so, auf Russisch "Izvinitje, gdje Stadion?" Und er so: "Stadion? Moment." Stellt sein Einkaufssackel ab und streckt mir die Faust entgegen. Ich: "?" Will er abfisten oder was? Da fällt mir erst der goldene Ring auf : "PARTIZAN 1944" steht drauf. Oida. Zufall? Oder sind sie in der Gegend alle Hardcore-Fans? Jedenfalls ist er jetzt mein Führer, dem ich blind vertraue. Ich meine, er ist ein Partisan. "COME ON!" Er deutet, ich soll ihm folgen. Wir stapfen durch den Matsch. Geräumt ist nix. Wer rechnet aber auch mit einem Wintereinbruch am 4.April, und Belgrad hat eine Menge Strassen und Gehsteige. Langsam, aber stetig geht es voran. Ich fühle mich ein bißchen wie auf einer Expedition. Nordpol, sie wissen schon, dieser Norweger. Amundsen, genau. "PARTIZAN, PARTIZAN!", ruft der Partisan zwischendurch aus. Wahrscheinlich meint er den Fußballklub. Ganz sicher bin ich mir aber nicht. Vielleicht fühlt er sich zurückversetzt nach 1943, 44. Aber so alt kann er ja gar nicht sein, fährt es mir durch den Kopf. Wir haben ja schon 2023, dann müsste er jetzt mindestens 100 sein. Er ist alt, ja, aber keine 100. Eher so 65, 68. Schaut aber aus wie 75, 78. Weil am Balkan schaut immer alles älter aus. Niemand unterwegs, 10 Uhr vormittags. Anpfiff ist erst um 16h30. Außerdem ist praktisch tiefster Winter. Da taucht hinter schneebehangenen Zweigen das Stadion auf. Grau, alt, rund, riesig. Brutalismus in seiner reinsten Form. Ich habe es schon ein paar Mal gesagt, und ich sage es noch einmal: Belgrad ist ein Paradies für Architektur-Freaks. Ein Muss. Ein Mekka. Als wir uns ca 20 Meter vor der hochaufragenden Betonschüssel befinden, bleibt er stehen, hebt seinen Stock und sagt: "Stadion". Ich schüttle ihm die Hand, bedanke mich überschwänglich "Hlava Buna, Hlava Buna", peinlicherweise beinahe die einzigen serbischen Wörter die ich kenne, "vielen Dank", und unsere Wege trennen sich. Machs gut, alter Partisan! So. Vor mir ist der Partizan-Shop. Da gibt es aber keine Tickets. "Other side. Go round." Okey, also rundherum. Genau auf der anderen Seite gibt es die Tickets. Und ich mache mich wieder auf den Weg. Durch Eis, Schnee und Matsch, auf löchrigen Wegen. Nicht ganz ungefährlich. Ich könnte ausrutschen. Mich verletzen. Partisan. Viel Beton, eiserne Türen, verrostete  Gitter, aber keine Menschen. Totenschädel und diverse Slogans, deren Bedeutung mir gänzlich verborgen bleibt, an der bröckelnden Stadionmauer. Langsam wird mir kalt. Ich gelange zu einem Wettbüro. Eine sehr nette Kellnerin, ein paar Gäste. Durchwegs gestandene Mannsbilder. Alle rauchen. Das ist hier so der Brauch. In Belgrad sind praktisch alle Lokale Raucherlokale. Je cooler die Bar, desto dichter der Rauch. Langsam gewöhne ich mich dran. All or nothing. Wenn schon Belgrad, dann nehme ich gleich das ganze Paket. Aber zum Rauchen fang ich deshalb nicht an. Also im Wettbüro wärme ich mich auf, bei einem Tee für 70 Dinar, das entspricht 60 Cents. As cheap as it gets. Billiger hatte ich meinen Tee in  Belgrad bisher nicht. Tickets gibt's hier aber wieder keine. Ich zieh weiter. Bin jetzt auf der anderen Seite des Stadions angelangt. Bestaune die rührend unbeholfen gemalten Bilder verstorbener Fans und Spielerlegenden. Das war kein Rembrandt, der das gemalt hat. Eher ein Picasso, in seiner kubistischen Phase. Ich geh nah ran an die geschlossenen Drehkreuze, versuche vergeblich einen Blick zu erhaschen ins Stadion-Innere. Die Symbole, Sprüche und Zeichen, sowie Grüße befreundeter Vereine, wie z. B. von CSKA Moskau, sind zahlreich. Die Ticket-Hütte finde ich nicht. Dann scheiß ich halt drauf. Das ist meine neue Lockerheit. Immer spontan. Augenblicklich entscheiden. Im Jetzt leben. Nichts erzwingen. Seit meine Wirbelsäule kaputt ist, bin ich total relaxed. Es gibt kein Muss. Aber keiner kann mir, das ist die andere Seite. Don't mess with me. Auch nicht, wenn du dich für den härtesten Typen der Welt hältst. Ich mach dich fertig, trotz meinem hinigen Kreuz. Daß man es mir nicht ansieht, macht mich noch gefährlicher. Einen Krüppel darfst du nie unterschätzen. Ich habe letzten August im Grazer Stadtpark einen Kampfhund besiegt, sozusagen. Ihm ein paar Fusstritte versetzt, daß er nur so durch die Luft gesegelt ist. "Cäsar" hat der nicht angeleinte Hund geheißen. Das weiß ich, weil einer der Punks "Cäsar, hier!" gerufen hat. Aber da war schon alles zu spät. Jetzt hieß es kämpfen. Seit meinem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, seitdem ich hüftaufwärts praktisch gelähmt bin, werde ich mit den Beinen immer besser. Ich war ja nie der große Kämpfer. Nicht mal als Kind hab ich mich geprügelt. Aber seit ich diese ständigen Schmerzen im Nacken habe, habe ich manchmal eine solche Wut, davon machen sie sich keine Vorstellung. Und Cäsar kann davon ein Lied singen. Ich weiß, jetzt kommen wieder die Therapeuten, die Psychologen, die Hundeversteher. "Ich kenne da eine Physiotherapeutin, also die ... warum gehst du nicht zu... Ein Freund von mir hatte das gleiche Problem, aber heute... Du hättest doch nur... Bei einem Hund mußt du immer auf die Ohren schauen..." Ja, bitte. Weiter. Reden sie weiter. Noch ein paar Tips für mich? Reden sie weiter! Bitte, ich hör zu. Feldenkreis? Familienaufstellung? Islamischer Wunderheiler? Yoga? Ja weiter, weiter! Ich liebe diese Ratschläge. Ayurveda? Shiatsu? Warum lässt du es nicht einfach operieren? Kann man die Wirbelsäule nicht verstärken? CT-Einspritzung? Rückenschwimmen? Sie kennen da einen Spezialisten? Zen-Buddhismus? Schulterkreisen? Nix mehr? Sie sind ja so still. Keine Ratschläge mehr für mich? Okay. Also. Töten wollte mich der Scheiss-Hund. Der wollte nicht spielen. Und so hab ich ihm gleich prophylaktisch ins Maul getreten. Dabei bin ich gestürzt, und habe mich an der linken Hand verletzt. Monatelang hatte ich Probleme beim Gitarre spielen. Das Intro von "Sharp dressed men" von ZZ Top funktioniert bis heute nicht richtig. "Lebt der Hund noch?" hat mich Schubi gefragt, als ich ihm die Geschichte brühwarm erzählt habe. Witzig, wirklich sehr witzig. Immerhin hat Cäsar mich nicht gebissen. Er war auch kein ausgewachsener Kampfhund. Sonst würde ich gar nicht mehr hiersitzen und das aufschreiben, nicht wahr. Cäsar war noch in der Wachstumsphase. Mittelgroß. Auch kein reiner Kampfhund, eher so ein Mischlingshund. Braun, mit schwarzen Flecken. Undefinierbar eigentlich, und recht klein. Kann auch sein, daß es überhaupt kein Kampfhund war. Ein kämpfender Hund hält. "Der hat um sein Leben gekämpft", sagte Schubi. Haha. Cäsar war total aggressiv. Kerzengerade ist er auf mich zugeschossen, mit weit aufgerissenem Maul. 2 Sekunden später ist er schon geflogen, hintüber. Das hat ihn noch wütender gemacht. Und er ist wieder auf mich losgegangen. Wieder und wieder. 1 Minute hat es ca gedauert, bis die Scheiss-Punks ihn eingefangen haben. Wenn ich die finde, bringe ich sie um. Den Hund und die Punks. Über diesen Vorfall habe ich einen kurzen Text geschrieben. "Mein Kampf mit Cäsar". Wird in meinem Gedichtband zu lesen sein, geplantes Erscheinungsjahr 2024, falls sie das interessiert. So. Bin ich das auch losgeworden. For fuck sake. Aber für Fußball ist es heute ohnehin zu kalt. Das wäre dann wieder falsch verstandene Härte, ihr Kipferl. Als Hardcore-Fans mußt du aber trotzdem ins Stadion, denk ich mir. Als Partisan. Für heute abend sind 4 Grad und Regen angesagt. Ein Dach hat das PARTIZAN Stadion nicht. Very Oldschool, das Ganze. Und irgendwie sehr cool. Alles Gute, Partizan.   (1:0 liegen sie in Führung, seh ich gerade im TV. Ich bin schon längst wieder in meiner Unterkunft. Berge von Schnee umgeben das Spielfeld. Die ganze Längstribüne ist leer. Hinterm Goal singen die unverwüstlichen Partisanen ihre "zart" nationalistisch angehauchten Chants. Vorgestrig. Unglücklich. Und gleichzeitig so glücklich, wie du als serbischer Hooligan nur sein kannst.)
 
 

DER WEISSE HAI

Es war einmal ein weisser Hai,

der frass pro Tag so nebenbei

an die 50 Kilo Fisch

und einen halben Surfer, knackig-frisch.

 

Was uns erscheint äusserst brutal

ist für den Hai jedoch normal:

"Ich bin nunmal ein weisser Hai!

Daß Töten falsch sei, wär mir neu."

 

So sagt er sich und hat ja recht,

wie heisst es doch so schön bei Brecht:

"Erst kommt das Fressen, dann die Moral,

und überhaupt wäre es fatal

hätt' ich als Hai(!) Gewissensbisse

mir schmecken Menschen so wie Fische!"

 

SO denkt der Hai:

Ich bin der Weisse.

Don't ask why.

Ich beisse.

 

JERUSALEM BLUES

 

Angefangen hat alles im Oktober 1990.

Deutschland war gerade wiedervereinigt, und ich zog in die Wohngemeinschaft in der Goethestraße 3 ein.

In eine der vielen WG's im Grazer Univiertel.

Richtig studiert hat von uns eigentlich nur der Werner. Geologie. Lizzy hat in einem Büro gearbeitet. Evelyn hat irgendwelche Kurse besucht. Und ich... ich hatte das Durchgangszimmer.

Evelyn, Lizzy, Werner und Ich. Das war die Stammbesetzung. Wir hatten aber immer wieder "Gäste". Dazu später.

Werner und ich waren die dicksten Freunde. Fast wie Brüder. Wir haben praktisch alles zusammen gemacht. Uns hätte nichts auseinander bringen können. "Gefahr" drohte nur von Evi. Sie war einfach zu sexy. Wir hatten beide keine Freundin. Der Kampf um Evi's Aufmerksamkeit war anstrengend. Wer schafft es, ein paar Minuten mit ihr alleine in der Küche zu sein? Wer darf ihr was ins Zimmer bringen? Hat Evi wieder eine ihrer "Phasen"? Braucht Sie wen zum Reden? Unsere Gedanken kreisten ständig um Evi.

Eine Ablenkung bot Tischfussball. Auf meinem Tischfussballtisch, den ich aus Bruck mitgebracht habe.  Ich hatte darauf jahrelang trainiert, deshalb war ich so gut wie unschlagbar. Wir haben prinzipiell nur um Geld gespielt. 10 Schilling pro Partie. Für mich war das ein schönes Trinkgeld. Aber Gessi wollte nicht aufgeben."Gessi" war sein Spitzname, abgeleitet von Gesselbauer Werner.

"Willst du wirklich noch einmal spielen?", hab ich Gessi gefragt.

"Du wirst wieder verlieren, garantiert."

"Nächstes Spiel!", stiess Gessi wütend hervor.

Immer nur um Geld. Zwischen uns liefen ein paar so verrückte Sachen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß alles mit Evi zusammenhing.

Unsere Hauptbeschäftigung aber war das gemeinsame Gitarrespielen. Getroffen haben wir uns immer in seinem Zimmer, das etwas größer als mein Durchgangszimmer war. Und dann ging's los. Stundenlang. Gessi konnte anfangs ja überhaupt nicht spielen. Ich habe ihm alles beigebracht, schrittweise. Beatles und so. Da Gessi NUR das spielen konnte, was ich ihm gezeigt habe, waren wir total synchron. Und durch unser ständiges Üben gut eingespielt. Gesungen habe vorerst nur ich. Dann stellte sich heraus, daß Werner eine super Stimme hatte. Er selber hat das gar nicht gewußt. Aber mir ist es aufgefallen, als er ab und zu die Refrains mitgesungen hat. "Das klingt gar nicht schlecht! Komm, noch einmal!"

"She's got a ticket to ri-hide, she's got a ticket to ri-hi-hide

, she's got a ticket to ride, BUT SHE DON'T CARE!"

Er konnte echt gut singen. Und wir wurden immer besser. Bis zu den ersten Auftritten war es aber noch ein steiniger Weg, ich musste Gessi teilweise mit körperlicher Gewalt dazu zwingen, unsere Songs in der Herrengasse vor Passanten auszuprobieren. Ich erinnere mich daran, wie ich Ihn einmal die Sporgasse hinuntergestossen habe,

"Geh weiter, du Feigling! Du hast eine super Stimme!"

Er war immer noch unsicher wegen seines Gesangs... Später ist aus unserem Duo die Band "Diving Deep" entstanden, falls es wer kennt, mit Simon am Bass, und Schubi am Schlagzeug. Dann sind noch ein paar Sachen passiert... Gessi, der Lauser, hat mit "Rising Girl" einen Hit geschrieben.

"Hey up, Hey up, talking 'bout a rising girl". Na, haben Sie die Melodie noch im Ohr? "Rising Girl" war die Nummer 1 der Ö3 Hitparade. Ja, er konnte singen der Werner Gesselbauer.

Ich war bei "Rising Girl" nicht dabei, ich war zu diesem Zeitpunkt längst in Jerusalem.

 

NOVEMBER, AM NORDRAND VON WIEN

 Irgendwaun is Wien a aus.
 Irgendwaun steht s'letzte Haus.
 Dann fangt aun des floche Laund,
 und wird zet be "Marchföd" genaunt.

 Wo Windrad sich an Windrad reiht,
 ein Krähenschwarm sehr schrecklich schreit...
 Ka Mensch ned geht do vur sei Haus.
 Do is Wien sowas von aus...